KEN HENSLEY
4. Dezember 2007 -
München, Garage
Eine Legende kehrt an den Ort früher Glanztaten zurück. Erstmals seit 27 Jahren. Denn das letzte Mal verweilte Kenneth William David "Ken" Hensley – Mitbegründer des Hard-Rock-Quintetts Uriah Heep und Schöpfer solch unsterblicher Evergreens wie ‘Lady In Black’, ‘The Wizard’, ‘July Morning’, ‘Circle Of Hands’ oder ‘Gypsy’ – zur Produktion des Albums WONDERWORLD „so richtig“ in der Hauptstadt der Bajuwaren. Das war 1974. Einige Live-Gastspiele in München schlossen sich an – dann stieg der Britte bekanntlich wegen der berühmten „musikalischen Differenzen“ nach der 1980-er Produktion zum Album CONQUEST aus dem Unternehmen aus.
Wie Tiefe die Gräben zwischen dem Organisten und Gitarristen Mick Box (der immer noch mit Uriah durch die Landen zieht) bezüglich der künstlerischen Visionen sind, verdeutlichen sich mit der heutigen Show Hensleys: Er selbst spricht – beileibe nicht verächtlich – von einer „zum Teil recht poppig ausgelegten Cover-Kapelle“, zu der Uriah Heep unter der Ägide von Gitarrist Mick Box mutiert seien. „Aber das ist okay – und ihr Weg. Jedoch nicht der Meine. Ich schaue lieber vorwärts, nicht zurück. Denn das einmalige Flair von Heep machten eben einzig und allein Sänger David Byron, Bassist Gary Thain, Drummer Lee Kerslake, Mick und ich mit unseren Persönlichkeiten aus. Und das kannst du heute nicht mehr reanimieren!“ Genau da liegt Meister Lampe in der Gewürzmenagerie: Thain und Byron haben infolge exzessiven Drogen- und Alkoholkonsums 1975 beziehungsweise 1985 das Zeitliche gesegnet.
Was
Hensley bleibt, ist seine eigen musikalische Vision. Und die setzt er
ohne Kompromisse um. Wie in ‘Out Of My Control’ und ‘Brown Eyed Boy’,
den beiden Eröffnungsnummern seines anderthalbstündigen Auftritts in
der Münchner proppenvollen Garage: Beide Nummern knüpfen nahtlos dort
an, wo Uriah Heep Mitte der Neunziger nach Byrons Zwangsdemission
aufhörten. Nämlich bei einem leicht progressiven, stimmungsvollen Hard
Rock, der maßgeblich vom Stakkato der Hammond-Orgel Hensleys lebt. Dann
die zumindest dem Publikum in der Garage sofort geläufigen
Tastenanschläge: ‘Circle Of Hands’, gefolgt von ‘July Morning’, läuten
eine Uriah-Heep-Retrospektive vom Feinsten ein, die nur noch einmal
durch Auszüge vom jüngsten Album BLOOD ON THE HIGHWAY unterbrochen
werden sollen. Der Herr der Orgel hat sich übrigens Verstärkung
mitgebracht: Sid Ringsby zupft die dicken Stränge, Tom Arne Fossheim
bearbeitet die Töpfe und Deckel, Ken Ingwersen greift in die
Sechssaitige. Doch allen voran Sänger Eirikur Hauksen lässt aufhorchen:
Er ist nicht nur ein Rock’n’Roll-Sänger mit ordentlich Dampf in der
Kehle, sondern beherrscht sowohl die Blues- und Soul-geschwängerten
Tonlagen eines Glenn Hughes sowie die klaren Rock-Screams eines jungen
David Byron. Und wie gut sich die skandinavischen Jungspunde mit ihrem
Meister verstehen, wird nach ‘(This Is) Just The Beginning’ und ‘Blood
On The Highway’ (den bereits angedeuteten Auzügen von Hensleys
jüngster, im übrigen autobiografische Züge tragenden Veröffentlichung)
deutlich: Wie geschmeidig sich die Truppe improvisierender Weise an den
Grund-Riff von ‘The Wizard’ herantastet, ohne dass erst einmal drei
Minuten lang ersichtlich wird, worauf das Ganze hinauslaufen soll,
nötigt Respekt ab. Und lässt verstehen, was Hensley meint, wenn er
sagt, der Weg von Mick Box Heep-i-anern sei nicht sein Weg: Box &
Co. spielen tatsächlich die alten Stücke eher sachlich-nüchtern im
Stile einer Cover-Kapelle runter – Hensley und seine Mannen wissen den
zeitlosen Evergreens auch heute noch mit ihren progressiven
Abwandlungen eine völlig neue Dimension zu verleihen. Dasselbe
Spiel dann zum Schluss – nach ‘Rain’, ‘Stealin’’, ‘Easy Living’ und dem
BLOOD ON THE HIGHWAY-Track ‘The Last Dance’ – noch einmal:
Marsch-artige Stakkato-Rhythmen lassen alles andere vermuten – nur
nicht ‘Lady In Black’ …
Und dass der 62-jährige Hensley, der Anfang der
Siebziger als umjubelter Rock-Star 10.000-er-Arenen füllte, weder
seinen Enthusiasmus noch seinen Humor verloren hat, wird noch mal kurz
vor der – leider einzigen – Zugabe deutlich: „Zum Abkühlen spielen wir
noch eine romantische Ballade – harten Rock haben wir ja heute schon
zur Genüge durchexerziert!“ Dann wieder dieses einzigartige
Hammond-Stakkato – und der einzigartige Riff: ‘Gypsy’ …
Großes Kino!!!
Ein ausführliches Interview mit Ken Hensley könnt ihr lesen in:
ROCK IT #45 (ab 20. Februar 2008 an allen einschlägigen Zeitungskiosken erhältlich)
Playlist KEN HENSLEY
Intro/Out Of My Control
Brown Eyed Boy
Circle Of Hands
July Morning
(This Is) Just The Beginning
Blood On The Highway
The Wizard
Rain
Stealin’
Easy Living
The Last Dance
Lady In Black
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Gypsy