DEEP PURPLE
+ GOTTHARD
Stuttgart
Schleyer-Halle
8. November 2008
Den schweizerischen Hard-Rocker Gotthard, wird dabei die Ehre zuteil, den fantastischen Abend zu eröffnen. Und dass die Mannen um Ausnahmesänger Steve Lee und Gitarren-Wizzard Leo Leoni längst reif sind für höhere Aufgaben, haben sie nicht nur auf ihrer eigenen Headliner-Tour im vergangenen Jahr beziehungsweise während diverser Festival-Auftritte in diesem Sommer bewiesen - was sich wohl auch bis zu den Briten „herumgeschwiegen“ hat. Die gestehen - auch als Rockmusiker ganz die sprichwörtlichen Gentlemen - den Mannen aus Hell-vetia traumhafte Auftrittsbedingungen zu: gutes Licht, tollen Sound, und vor allem eine Spielzeit von einer Stunde und 15 Minuten zu.
Und
die wiederum nutzen diese einmalige Chance gebührend, zumal in ihren
Reihen – tut mir leid, aber man muss das so deutlich sagen – mit Lee
der beste Sänger des Abends steht, der scheinbar mühelos die höchsten
Höhen bewältigt und über einen Stimmumfang verfügt, von denen andere
Frontmänner heutzutage nicht einmal mehr zu träumen wagen.
Master Of Illusion
Gone Too Far
Top Of The World
The Call
Mountain Mama
Alle We Are
Sister Moon
Let It Be
Said & Done
The Oscar Goes To You
Lift U Up
Anytime Anywhere
Dass sich an Deep Purple ohne ihr Enfant terrible Ritchie Blackmore und zuletzt nach dem Weggang von seiner Lord-schaft hinter der Hammond Orgel, Mister Jon Lord, nach wie vor die Geister scheiden, dürfte klar sein. Den 12.000 Zuschauern, die im Durchschnitt immerhin 100 Mark (beziehungsweise 50 Teuros) für ihr Ticket hinblätterten, stellt sich offenbar die Frage nicht: Sie feiern das Greatest-Hits-Potpourri nach allen Regeln der Kunst ab. Hier beweisen Gillan, Glover & Co. ein glückliches Händchen und verprellen ihr Publikum nicht mit zu vielen neuen Songs (schließlich befindet man sich ja auch auf der Jubiläumstour zum 40. Band-Geburtstag).
Wer
aber Deep Purple nicht nur als Schöpfer der Rock-Hymne schlechthin -
’Smoke On The Water’ – würdigt und die rosarote Fan-Brille einmal
beiseite legt, kommt über einige kritische Aspekte nicht hinweg:
Sicher, die Spielfreude im Gefüge des Fünfers ist größer denn je, zumal
der launische, unberechenbare Blackmore seit seinem Abgang im Herbst
1993 mit seinen Eskapaden nicht mehr als Spaßbremse, Spielverderber und
Frustbringer fungiert. Andererseits: Deep Purple bezogen ihr kreatives
Potenzial stets aus dem emotional hoch kochenden Dauerstreit zwischen
Blackmore und seinem Lieblingsfeind Ian Gillan, in deren Folge sich die
Beiden gegenseitig zu musikalischen Höchstleistungen antrieben. Und:
Blackmore, der nie einen Song zweimal in der selben Weise spielte, sich
stets - in Abhängigkeit von seiner Gemütslage – in einen Rausch
improvisierte oder eben mal knackig, aber dennoch angenehm kurzen
Prozess machte, erwies sich damals immer als Garant für (meist
positive) Überraschungen in der Darbietungsform. Gitarrist Steve Morse
hingegen erweist sich dagegen – auch heute deutlich hörbar - zwar immer
noch als Ausnahmekönner, vielleicht sogar der bessere Techniker. Aber
gerade dieses Emotionslos-Technokratische in seiner Spielweise
irritiert insbesondere die Anhänger der ersten Stunde.
Hinzu
kommt: Dass sich Sangesbarde Ian Gillan – der heute wie immer barfuß
auftritt und ansonsten mit einem unverhältnismäßigen Outfit verblüfft,
als käme er gerade vom Rasenmähen oder Laubharken aus dem Garten auf
die Bühne gestolpert – stimmlich nicht mehr im ureigenen Wortsinne auf
der Höh’ bewegt, wird oft überdeutlich. Zum Beispiel bei den Versuchen,
’Space Truckin’’ mit den ultimativen Schreien zu verzieren. Die
glamouröse, eher zu Pop-Cracks wie Madonna oder Boy-Groups passende
Lichtshow, die so gar nicht dem Wesen einer Rock-Band wie Deep Purple
entspricht, sei hier nur am Rande erwähnt.
In Sachen Lautstärke allerdings kann man den Herren von der Insel nicht ans imaginäre Rad pinkeln: die ist sehr, sehr laut, klar, aber zu keiner Zeit unangenehm oder aufdringlich – hier zeigt sich, dass die Briten in den siebziger Jahren nicht umsonst als lauteste Band der Welt galten.
Bringen
wir den Abend so auf den Punkt: Für das Gros der Zuschauer avancierte
der Abend deswegen zu einem Erlebnis der Sonderklasse, weil sie mit
Deep Purple Rock-Geschichte noch einmal hautnah und authentisch
miterleben durften und darüber hinaus mit Gotthard vielleicht die
Kronprinzen des Genres bewundern konnten. Diejenigen hingegen, die die
Klangmerkmale von Deep Purple nach wie vor insbesondere an Blackmore
und Lord festmachen, werden sich einmal mehr bestätigt sehen – und Deep
Purple als ihre beste eigene Cover-Band definieren. Aber selbst als
solche zählen sie immer noch zu den ganz Großen ihres Metiers …
Weitere Impressionen findet Ihr in: ROCK IT! #49 (ab 17. Dezember im Zeitschriftenhandel)
Setlist DEEP PURPLE
Fireball
Pictures Of Home
Into The Fire
Rapture Of The Deep
Wrong Man
Contact Lost
Well Dressed Guitar (Solo Morse)
Knocking At Your Backdoor
Sometimes I Feel Like Screaming
Ring That Neck
The Battle Rages On
Solo Don Airey
Perfect Strangers
Space Truckin’
Highway Star
Smoke On The Water
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Lazy
Hush
Black Nite