JUDAS PRIEST
  + ICED EARTH


     München, Zenit

      24. Juni 2008












Endlich! Endlich werden die Metal-Götter mal von einer passenden Begleit-Kapelle unterstützt! „Das ist die beste Vorgruppe, die ich im Schlepptau von Priest je gesehen habe!“, meint ein ekstatisch verzückter Fan nach der einstündigen Vorstellung von Gitarrist Jon Schaffer (foto unten links), Sänger Matt Barlow (Foto untenrechts) & Co. „Wenn ich mich dagegen noch an das Gerumpel vom letzten Mal erinnere …“ (gemeint sind In Flames, die vor drei Jahren in der tat den für sie inzwischen obligatorischen uninspirierten und unmotivierten Eindruck hinterlassen haben). Und damit liegt besagter Anhänger völlig richtig, zumal John Schaffer in der „Bringschuld“ ist, zu beweisen, dass der den richtigen Entschluss fasste, kurz vor Weihnachten 2007 seinem damaligen Frontmann Tim „Ripper“ Owens den Blauen Brief zustellen zu lassen und Matt Barlow wieder zurückgeholt zu haben: Schaffer und seine Jungs legen sich ins Zeug, als würde ab morgen das Verbot sämtlicher Dezibelstürme über 50dB ausgesprochen werden.




Letztlich muss auch ich als jemand, der Owens gesangliche Qualitäten schätzt, eingestehen: Barlow und niemand anders gehört hinter das Mikrofon der „Vereisten Erde“. Das beweist sich bereits mit dem aus ‘Dark Saga’, ‘Vengeance Is Mine’ und ‘Burning Times’ bestehenden Eröffnungs-Medley: Diese Stücke sind auf Barlows einzigartig-melancholische, von einem dramatischen Timbre geradezu besessene Stimme zugeschnitten – die Versuche des „Rippchens“, diesen einen eigenen Stempel aufzudrücken, gerieten zumindest zwiespältig. Und so richtig zeigt Barlow, wo der Hammer hängt, als dann noch mit ‘Declaration Day’ (von THE GLORIOUS BURDEN) und ‘Ten Thousand Strong’ (vom letzten Output FRAMING ARMAGEDDON) zwei Stücke aus der Owens-Ära intoniert werden: Abgesehen davon, dass THE GLORIOUS BURDEN sowieso Barlow hätte einsingen sollen, dementsprechend die Gesangslinien voll auf ihn zugeschnitten sind (Barlow stieg dann aus, woraufhin Owens für den Job verpflichtet wurde), verblüfft es, welch neue Dimension und Intensität diese Kompositionen alleine durch Matts stimmliche Präsenz erlangen. Gänsehaut!
Gänsehaut dann auch noch bei der Power-Semi-Ballade ‘Melancholy’ die eigentlich nur von Barlow gesungen werden DARF! Letztlich beeindruckt, welch kompaktes Erscheinungsbild das Quintett alleine durch die Barlow-Rückholaktion vermittelt – Spielfreude und –sicherheit inklusive. Hoffen wir auch, das Schaffer nun endlich sein Dream-Team gefunden hat – und sich dementsprechend das Risiko leisten kann, mal wieder ein Bandfoto in das Booklet das nächsten Albums zu packen (Musikerporträts fehlen nämlich gänzlich bei FRAMING ARMAGEDDON).



Playlist ICED EARTH


The Dark Saga

Vengeance Is Mine
Burning Times
Declaration Day
Violate
Pure Evil
Ten Thousand Strong
Dracula
The Comin Course
Melancholy
My Own Saviour
Iced Earth




Schließlich der große Moment: The Priest is back!!! Die Bühnenaufbauten sind allerdings zu denen von der ANGEL OF RETRIBUTION-Tour nahezu gleich geblieben. Das heißt: Das Schlagzeug thront über einem Tor, das wiederum von Laufstegen nach rechts und links flankiert wird. Auf dem Backdrop glotzt uns – passend zum neuen Album NOSTRADAMUS, das in Deutschland gerade auf Platz fünf der Charts eingestiegen ist – Nostradamus mit bedrohlich leuchtenden Augen (Scheinwerfer) entgegen. An den Seiten werden die Laufstege durch erhöhte Podeste abgeschlossen – im linken Podest befindet sich die obligatorische Hebebühne, auf der der völlig in einen Stahl-Kapuzenmantel gehüllte und mit dem Priest-Dreizack bewaffnete Halford wie aus dem Nichts in die zweite Etage gehievt wird und seinem Gesangseinsatz entgegenfiebert.



Also alles wie geahbt? Von wegen! Schon der Titeltrack des aktuellen Albums und das nach ‘Metal God’ intonierte ‘Eat Me Alive’ lassen vermuten, dass wir heute mit einigen Überraschungen im Programm zu rechnen haben. ‘Between The Hammer And The Anvil’ und ‘Devil’s Child’ zum Beispiel, die auch nicht immer so ganz „handelsüblich“ im set der Priester sind. Standards wie eben ‘Metal God’, ‘Hell Patrol’ und ‘Painkiller’ (als Schlusspunkt der offiziellen Vorstellung dürfen selbstverständlich nicht fehlen – ebenso nicht das die Zugaben einleitende ‘Hell Bent For Leather’, zu dem der auf der unvermeidlichen Harles sitzende Halford durch das bewusste Tor unter dem Schlagzeugpodest auf die Bühnenmitte geschoben wird. Zu den großen Aufhorchern avancieren aber das schon seit Schieß-mich-tot-Jahren nicht mehr vorgetragene ‘Dissident Agressor’ (von SIN AFTER SIN) sowie das ebenfalls eher selten gespielte ‘Sinner’ (ebenfalls von SIN AFTER SIN). Positiv: Die Soloeskapaden halten sich in Grenzen, Prioritäten werden eben bei den Songs gesetzt – was der Stimmung der Metal-Party im Zenit nur dienlich ist.


Genau genommen gibt es nur zwei leichte solistische Verdachtsmomente: Erstens als K.K. Downing ‘Sinner’ auf seiner Sechssaitigen anstimmt und diese Komposition immer mal wieder mit markanten Leads unterlegt – zweiten als Scott Travis hinter seiner Schießbude die Initialzündung für ‘Painkiller’ gibt. Dem Party-Faktor ebenfalls förderlich: Per ‘Messenger Of Death’ drücken uns die Briten nur noch einen weiteren Track vom neuen Album NOSTRADAMUS in die Lauscher – der Schwerpunkt liegt, wie gesagt, bei den bekannten Stimmungskanonen à la Breaking The Law’, ‘Electric Eye’, ‘You’ve Got Another Thing Comin’’ & Co.
Fazit: Rolle Show, tolle Songauswahl, großes Kino – The Priest is back again!!!


Playlist JUDAS PRIEST

Prophecy
Metal God
Eat Me Alive
Hammer & Anvil
Devil’s Child
Breaking The Law
Hell Patrol
Death
Dissident Aggressor
Angel
The Hellion/Electric Eye
Rock Hard, Ride Free
Sinner
Painkiller
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Hell Bent For Leather
The Green Manalishi
You’ve Got Another Thing Comin’