HAGGARD
Memmingen
Kaminwerk
5. September 2008
Mit einem im ureigenen Wortsinn orchestralen Paukenschlag nach Maß eröffneten die Memminger Kaminwerk-ler ihre Konzertsaison nach der Sommerferien-Pause: Denn mit Sänger/Gitarrist/ Komponist Asis Nasseri (Foto unten links) und seinem anfangs - zu Gründerzeiten vor gut zehn Jahren - noch im Death Metal verwurzelten Projekt Haggard machten nicht etwa irgendwelche herkömmlichen Heavy- oder Extreme-Metal-Fetischisten mehr oder weniger traditioneller Couleur im Allgäu Station, sondern schlichtweg die Marktführer in Sachen Fusion so genannter „Ernster“ mit der Unterhaltungsmusik.
Und so bevölkern nicht etwa die obligatorischen vier, fünf oder sechs Mann die Bühne: Neben Nasseri, seinem Gitarren-Kollegen Claudio Quarta (Foto unten links) und etatmäßigen Drummer Luz Marsen tummelt sich neben den beiden Sopranistinnen Susanne Ehlers (Foto oben Rechts) und Veronika Kramheller ein neunköpfiges Orchester – Cello, Violinen, Hornsektion und Orchesterpauke inklusive.
Die
Bühnenperformance des insgesamt 14 Damen und Herren umfassenden
Ensembles fällt dann auch angemessen erhaben aus: Bis auf Nasseri und
Quatra, die die Metal-Komponente im Haggard’schen Sound verkörpern, ist
wildes Headbanging eher die Seltenheit, wobei sich die zwei
Sopran-Grazien am vom Publikum aus gesehen rechten Bühnenrand dann noch
am ehesten zu dieser oder jener rockigen Einlage hinreißen lassen. Doch
ansonsten sind die Beiden Gothic-Ladies damit beschäftigt, ein
sirenenartiges, bezirzendes gesangliches Gleichgewicht zu den düsteren
Death-Metal-Growls Nasseris herzustellen. Dank der ausgefallenen
Instrumentierung projizieren die Münchner bei stimmungsvoller Lichtshow
und Kerzenschein eine exquisite Kombination aus U- und E-Musik, eine
majestätische, modern-schwermetallische, dramatische Reinkarnation
Wagner’schen Bombasts, die selbst so manche Bayreuther Aufführung in
den Schatten stellen dürfte und die sogar ein gesetztes Publikum
begeistern könnte, das den Theaterbesuch dem eines Rock-Clubs oder
Jugendkulturzentrums vorzieht.
Der
Schwerpunkt im Set liegt dabei auf einer ausgewogenen Best-Od-Mischung
der bisherigen Alben AND THOU SHALT TRUST... THE SEER, AWAKING THE
CENTURIES (1997 bzw. 2000; beides Konzeptwerke über Nostradamus) sowie
EPPUR SI MUOVE (2004, ein Konzeptalbum über Galileo Galileo) – vom
jüngst in diesen Tagen veröffentlichten neuen Scheibchen TALES OF
ITHERIA kommt lediglich der Titelsong zum Zug (das Album soll demnächst
noch im Zuge einer weiteren Promotion-Tour vorgestellt werden). Das
Allgäuer Publikum ist trotzdem restlos begeistert, denn wann bekommt
man heutzutage von einem Act eine zweistündige Show der Superlative
geboten, die vom Anfang bis zum Ende derart mitreißt und fesselt
respektive von einer derart hohen musikalischen Klasse zeugt? Wenn ich
mir alleine die faszinierenden Gesänge der beiden Sopranistinnen noch
einmal ins geistige Ohr rufe: Die stellen so manch ach so gepriesene
provinzielle Theaterbühne meilenweit in den Schatten - und führen die
hoch dotierten staatlichen Subventionen solcher Häuser ad absurdum,
lassen sie im Lichte der Steuerverschwendung erscheinen. In dieser
Hinsicht sollten manche Kultur-Oberen mal genauer hinschauen, für was
und für wen sie Gelder locker machen – ein ambitioniertes Projekt wie
Haggard hätte da mehr Beachtung - und klar den Vorzug - verdient!
Playlist HAGGARD
Prophecy Fulfilled
In A Fullmoon Procession
The Observer
Heavenly Damnation
Per Aspera
Tales Of Ithina
De La Morte Noire
Herr Manneling
The Days As… + The Origin
Eppur Si Muove
In A Pale Moon’s Shadow
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All’inizio
Final Victory
