URIAH HEEP
+ THIN LIZZY
München,
Circus Krone
12. Oktober 2008
Jawoll
ja: The Boys are back in town! “The Boys” – das sind in erster Linie
die Gitarristen John Sykes und Scott Gorham, langjährige Aktivposten
der „schlanken Liesel“ um den am 4. Oktober 1986 verstorbenen
Mastermind Phil Lynott. Ob die Beiden nun Leichenfledderei betreiben
(wie von vielen Kritikern behauptet und jüngst von
Ex-Thin-Lizzy-Mitstreiter Gary Moore in einem Interview dezent
angedeutet), ist Ansichtssache. Sykes rechtfertigt sich seinerseits
damit, man würde „als Nachlassverwalter das musikalische Erbe von Phil
so anständig wie möglich weiterführen“. Und (Zitat aus dem Interview
der Rock It!-Ausgabe #48 – 06/2008): „Es geht darum, Phil und seine
Musik zu feiern, eine tolle Zeit zu haben, vielleicht auch den Leuten,
die Thin Lizzy bisher nicht kannten geschweige denn die Band je live
gesehen hatten, ihre Songs nahe zu bringen. Es ist einfach gut, Phil in
dieser Weise zu würdigen und seinen Namen weiterzuführen, die Leute an
sein großartiges Talent zu erinnern. Ein unglaublicher Songwriter! Er
hat für Scott und mich die Türen geöffnet - ohne ihn wäre ich nicht da,
wo ich bin, hätte nicht den Erfolg und die Karriere gehabt, die ich
jetzt habe.“
Der Beobachter der Szenerie im schmucken Circus Krone kann jedenfalls dieser Argumentation von Mister Sykes durchaus etwas abgewinnen: Denn schon mit dem Opener ‘Jailbreak“ kommt dezentes Ur-Lizzy-Flair auf, das in der Folge durch solch stimmungsvolle Gassenhauer wie ‘Alibi’, ‘Don’t Believe A Word’, ‘Are You Ready’, ‘Dancing In The Moonlight’ und ‘Still In Love’ weiter verstärkt wird, zumal das Duo Sykes/Gorham mit seinem stark unterkühlten Stageacting eher dem Geist einer Gedenkveranstaltung als einem unbedarften Rock-Klamauk-Event entspricht.
Denn
für die Show, den Klamauk ist Ex-Whitesnake-Drummer Tommy Aldridge
zuständig: Der zieht im sich ‘Sha-la-la’ anschließenden Schlagzeugsolo
alle auch schon von der Weißen Schlange her bekannten Register und
bearbeitet die Töpfe und Deckel sogar mit bloßen Händen/Fäusten.
Allerdings stellt sich die Frage, ob anstelle eines
„Whitesnake-Drum-Solos“ nicht doch vielleicht lieber ein
Lizzy-Gassenhauer mehr im Programm berücksichtigt hätte werden sollen.
Wie dem auch sei: Sykes und Gorham liefern sich nun in ‘Emerald’ ein
sensationelles Klampfenduell, beschwören wieder so den Geist der dünnen
Liesel herauf (übrigens: vor genau 100 Jahren ging das erste Modell „T“
bei Ford vom Band; umgangssprachlich „Tin Lizzy“ - dt.: „Blechliesel“ –
genannt (siehe Foto oben rechts - Foto: Archiv); dies diente der Band als Steilvorlage für die Namenstaufe).
Letztlich wird ein beeindruckendes Programm per ‘Cowboy Song’ und ‘The
Boys Are Back In Town’ zünftig abgeschlossen und mit ‘Cold Sweat’ und
‘Black Rose’ eine Zusatzgratifikation offeriert, die das Publikum
dankbar annimmt.
Jailbreak
Alibi
Don’t Believe A Word
Are You Ready
Dancing In The Moonlight
Still In Love
Sha-La-La
Drum Solo
Emerald
Cowboy Songs
The Boys Are Back In Town
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Cold Sweat
Black Rose
Die Briten um Gitarren-Wiz Mick Box hingegen machen von Anfang an deutlich, dass sie – im Gegensatz zu ihren „Special Guests“ - mit WAKE THE SLEEPER ein neues Album am Start haben (übrigens das erste seit knapp zehn Jahren). Zwar feuern die Heep-i-aner nach der Dreier-Eröffnungssalve per ‘Stealin’’ und ‘Sunrise’ zwei Evergreens in das Rund. Doch die Prioritäten liegen bei dem neuen Werk, das vollständig und fast 1:1 vorgestellt wird, lediglich unterbrochen durch zwei weitere Klassiker im Block: ‘Gypsy’ und ‘Look At Yourself’. Die Spielfreude der Band ist beeindruckend – während der ausufernden Improvisation von ‘Gypsy’ steht beispielsweise der kanadische Frontmann Bernie Shaw neben seinem Monitor-Mischer und rockt, swingt und tänzelt unverdrossen weiter. Überhaupt: Die sympathische Ausstrahlung, das ständige, nie aufgesetzt wirkende Lächeln auf den Lippen zeigt deutlich, welchen Spaß es den Akteuren bereitet, auch im 40. Dienstjahr noch auf der Bühne zu stehen und sein Publikum zu unterhalten.
Letztlich vergeht die Zeit – immerhin gut 100 Minuten volle Power – wie im Fluge: ‘July Morning’ und ‘Easy Livin’’ markieren das Ende einer tollen Show, die mit der Zugabe ‘Lady In Black’ gefühlter Maßen ein viel zu frühes Ende erfährt. Und ein bewegtes noch dazu, denn die „Lady“ und Deutschland - das ist eine eigenartige Geschichte für sich: Denn erst etwa fünf Jahre nach der Veröffentlichung von SALISBURY (auf diesem Album aus dem Jahre 1970 befindet sich das Stück) entdeckte ein deutscher Radiomoderator die Nummer für sich und spielte sie in seiner Sendung rauf und runter. Mit dem Resultat, dass ‘Lady In Black’ – noch einmal: fünf Jahre, nachdem der Drops bereits gelutscht und das Album „alt“ war – zum größten Hit der Band avanciert. Gut, nur eine Zugabe – das mag wenig erscheinen. Doch andererseits: Nach diesem Grande Finale geht doch nun wirklich gar nichts mehr!!!
Playlist URIAH HEEP
Wake The Sleeper
Overload
Tears Of The World
Stealin’
Sunrise
Heaven’s Rain
Book Of Lies
Light Of A Thousand Stars
Gypsy
Look At Yourself
What Kind Of God
Ghost Of The Ocean
Angels Walk With You
Shadow
War Child
July Morning
Easy Livin’
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Lady In Black