RAY WILSON
Memmingen,
Stadthalle
27. Februar 2009
Als
Frontmann von Genesis sang Ray Wilson in ausverkauften Stadien; mit der
Band Stiltskin und ihrem Album „The Minds Eye” erstürmte der heute
41-jährige Schotte 1994 die Top 20 der deutschen Albumcharts - die
Single-Auskopplung „Inside” (gleichzeitig Werbe-Jingle der
Jeans-Hersteller Lewi’s für die weltweite Kampagne ihres Modells 501)
erreichte die Spitzenposition. 1997 verpflichtete ihn die Rock-Legende
Genesis als Ersatz für Phil Collins und veröffentlichte mit ihm das
Album CALLING ALL STATIONS, immerhin die viertbest verkaufte Scheibe
der Super-Group.
Allerdings wurde Wilson bei Genesis nie glücklich – seine Zeit dort umschreiben beide Parteien wenig später höflich als „großes Missverständnis“. Wo es damals hakte – das deutet der Ausnahmemusiker an, als er vor 120 Besuchern im Konferenzsaal der Stadthalle den Genesis-Hit ’Follow You, Follow Me’ ankündigt: „Ich hatte den Jungs vorgeschlagen, ein Akustik-Set in das Programm einzubauen. Das hielt ich deswegen für interessant, weil man sich so nicht hinter all dem Bombast verstecken kann und seine wahren Qualitäten als Musiker zeigen muss. Doch sie lehnten eine solche Einlage stets ab …“
Nun,
dass sich Ray Wilson nicht mit seiner einmaligen, charismatischen,
phrasierungsreichen Stimme hinter HighTech-Effekthaschereien verstecken
muss, hatte er bereits in den ersten acht Minuten seiner Performance
nachdrücklich unterstrichen: nämlich mit ’Another Day’ (einem Stück,
dass er mit seiner Band Cut 1999 veröffentlichte) und ’Lemon Yellow
Sun’ (eine Nummer, die er mit den neu formierten Stiltskin 2006 zum
Besten gab). Auch in der Folge des zweistündigen Programms verweist der
Mann mit der Weltklassestimme und Akustikgitarre, wo er die Prioritäten
setzt: bei emotionsgeladenen Gesängen, die unter die Haut gehen, dabei
von Geschichten erzählen, die jedem Anwesenden selbst hätten passieren
können – Beziehungsdrama (’Ghost’), Karrieresackgasse (’The Actor’)
oder auch nur der berühmte Kater nach zu reichlichem Genuss
hochprozentiger Getränke, der seinen Höhepunkt findet im Verpassen des
gebuchten Flugs (’The Airport’).
Verwunderlich
allerdings: ’Inside’, der Welterfolg aus Stiltskin-Tagen, ist genauso
tabu wie es Auszüge aus jenem Genesis-Album sind, an dem Wilson
mitwirkte. Stattdessen setzt der Mann mit der Goldkehle (begleitet von
Gitarrist Ali Ferguson, Schlagzeuger Ashley MacMillan und Bassist
Lawrie MacMillan) auf den vollen Hit-Rundumschlag. Dabei verhilft
Wilson mit seinen eigenwilligen Interpretationen der Gassenhauer von
Phil Collins (’In The Air Tonight’), Peter Gabriel (’Solsbury Hill’),
Genesis (’Supper’s Ready’, ’Shipwrecked’, ’Not About Us’), Pink Floyd
(’Wish You Were Here’) oder Mike & The Mechanics (’Another Cup Of
Coffee’) diesen Evergreens zu neuen Dimensionen.
Einzig
zum Schluss schrammelt der Vierer knapp daran vorbei, sich selbst zur
Akustik-Cover-Band zu degradieren: Mag das Intonieren von ’Knockin’ On
Heavens Door’ aus der Feder Bob Dylans – neben Neil Young eines der
Vorbilder Wilsons – noch einen Sinn ergeben, weiß niemand so recht,
warum wir mit der Bob-Marley-Nummer ’No Woman, No Cry’ in die Nacht
entlassen werden. Ansonsten: Großes Emotions-Kino!
Playlist RAY WILSON
Another Day
Lemon Yellow Sun
Follow You, Follow Me
Solsbury Hill
Change
Sarah
Carpet Crawlers
Supper’s Ready
Another Day In Paradise
Propaganda Man
Shipwrecked
Not About Us
-----
Jesus He Knows Me
That’s All
Throwing It All Away
Ghost
Wish You Were Here
Another Cup Of Coffee
Land Of Confusion
The Actor
No Son Of Mine
The Airport
-----
Razorlite
In The Air Tonight
Knockin’ On Heavens Door
No Woman, No Cry