GRAVE DIGGER
+ ALESTORM
+ TALETELLERS

Ludwigsburg,
Rockfabrik

22. Januar 2009









Eigentlich könnten wir ja die Uhr nach stellen: Alle zwei Jahre wieder beglücken uns die Erdmöbelverwalter um Chef-Sensenmann Chris Boltendahl mit einem neuen Album und beehren uns – stets im Januar oder Februar – mit einer ausgiebigen Clubtour. So auch heuer. Diesmal mit im Gepäck: die bereits im Oktober vorigen Jahres erschienene 4-Track-Maxi PRAY sowie das am 9. Januar 2009 veröffentlichte „Balladen-Album“ BALLADS OF A HANGMAN (auf dem es aber entgegen dem Titel kaum ruhig, sondern hochgradig heftig zugeht). Und mit im Schlepptau: die Schotten Alestorm sowie die deutschen Genre-Kollegen Taletellers.

Und die vier Saarländer legen wie entfesselt los mit ihren räudigen, Rock’n’Roll-igen Metal-Attacken vornehmlich im gehobenen Tempo. Musikalische Inspirationsgeber sind dabei in erster Linie verschärfte Accept, die Kölner Genre-Kollegen von Gun Barrel, frühe Exciter (als Dan Beehler noch trommelte UND sang) sowie dezent punkig ausgerichtete Motörhead – leichte Stoner-Rock-Einflüsse inklusiv. Mit Alan Costa (Foto links) verfügen die Jungs zudem über ein Urviech an Frontmann mit Ausstrahlung, der das Publikum schnell in den Bann des Quartetts zu ziehen weiß und nach Kräften mit seinen Kollegen rochiert, für Wirbel sorgt, so es ihm Gesangspausen gestatten, sich auf die Bedienung seiner Flying-V zu konzentrieren. Im Mittelpunkt des Programms steht – natürlich – das im Sommer vergangenen Jahres erschienene Album DETONATOR. Und nach einer guten halben Stunde sind sich die Fans in der Rockfabrik sicher: Mit etwas Durchhaltevermögen können es die Jungs (nicht nur) zu etwas bringen.



Der schottische Vierer Alestorm (Fotos oben) hingegen hat es schon zu etwas gebracht: nämlich zu einer eigenen Nische auf dem Sektor des Power Metals. Denn die Jungs fahren einen äußerst eigenwilligen Stil: Melodischer Teutonen-Metal à la Running Wild scheint hier mit Pagan Metal zu fusionieren – das musikalische Erscheinungsbild wird lyrisch und optisch von einem zünftigen Piratenimage abgerundet. Allerdings: Was im ersten Moment witzig und originell rüber kommt, verschleißt sich mit zunehmender Zeit in der Trivialität eingängiger Trinkhymnen. Das Ganze mutiert schließlich zu einem passablen Soundtrack für einen Wettbewerb im Delirium-Saufen - und da passen die schrägen Chöre, die wie Muppets im Vollrausch klingen, nur zu gut in das Klangbild der Mannen um Sänger/Keyboarder Christopher Bowes. Fazit: lustig, sehenswert – aber auf Dauer bewahrheitet sich, dass irgendwann jeder Spaß mal ein Loch bekommt, ein Witz nicht besser wird, wenn man ihn ständig wiederholt.


Bei den personell zum Sechser aufgestockten Grabschauflern hingegen weiß der Fan, was er hat: Teutonen-Metal pur – schnörkellos, kraftvoll und voll aufs Mett. Obwohl abzusehen gewesen ist, dass Schreihals „olle Bolle“ & Co. mit dem Titel ihres neuesten Wurfs in das Set einsteigen werden und Gassenhauer neueren älteren Datums oder Klassiker aus den Achtzigern nicht fehlen dürfen (’Valhalla’, ’Lionheart’, ’Knights Of The Cross’, ’Excalibur’, ’Rebellion’ beziehungsweise ’Witchhunter’, ’Headbanging Man’, ’Heavy Metal Breakdown’), verblüfft uns das Beerdingungsunternehmen doch mit einigen Überraschungen: Zum einen wird per ’Wedding Day’ und ’The Reaper’ wieder dem ’93-er Comeback-Scheibchen THE REAPER beachtung geschenkt – zum anderen kommt mit ’My Blood Will Live Forever’ ein Non-Album-Track von der Maxi-CD PRAY, sozusagen als Rarität, zum Zuge.









Die Band wirkt – bis auf den aus Platzgründen hinter der Backline versteckten Keyboarder Hans-Peter Katzenburg – agil und spielfreudig. Großes Plus: Zweitgitarrist Thilo Hermann (Ex-Risk, Ex-Running Wild), der nun zusammen mit Stamm-Klampfer Manni Schmidt für ordentlich Druck an der Front der Sechssaitigen sorgt, darüber hinaus für entschieden mehr Wirbel auf der Bühne. Boltendahl zeigt sich bestens bei Stimme, und die geschickte Songauswahl, die zwischen den Up-Tempo-Headbanger-Hymnen immer mal einen Mid-Tempo-Rocker und somit den Fans ein gleines Päuschen zu Durchatmen zulässt, tut ihr Übriges zu der guten Laune in der vielleicht mit 500 Fans knackig gefüllten Rockfabrik. Rührend dann, als Boltendahl den letzten Song des offiziellen Sets ankündigt - noch ohne den Titel dieses Schlussakkords genannt zu haben, stimmen die Fans zum Schlachtgesang an: „The clans are marching 'gainst the law / Bagpipers play the tunes of war / Death or glory I will find / Rebellion on my mind …“

Eigentlich geht alleine nach einer derart überwältigenden Szene gar nichts mehr. Aber Grave Digger können immer noch einen, in diesem Fall sogar drei (Zugaben) draufsetzen. Nach dem ultimativenj ’Heavy Metal Breakdown’ geht aber wirklich nichts mehr – die Sensenmänner haben mal wieder ganze Arbeit geleistet und entlassen ein völlig ausgepumptes, aber rundum zufriedenes Publikum in die Nacht…

Playlist GRAVE DIGGER
Ballad Of A Hangman
Valhalla
Hell Of Desillusion
Wedding Day
Witchhunter
Lionheart
Sign Of Revolution
Stormrider
The Last Supper
Headbanging Man
The House
Knights Of The Cross
My Blood Will Live Forever
Excalibur
Rebellion
------
The Reaper
Pray
Heavy Metal Breakdown