EDGUY
+ ALL ENDS
+ H.E.A.T.
Kaufbeuren
All-Karthalle
24. Januar 2009
Touren
ist kein Zucker-schlecken. Jedenfalls nicht, wenn man nicht AC/DC oder
Metallica heißt beziehungsweise zu den Stars in der
Rock’n’Roll-Zirkusmanege zählt – und dementsprechend zumindest
einigermaßen komfortable (um nicht zu sagen luxuriöse) Reisebedingungen
genießt. Denn dann kann es schon mal passieren, dass man in Spanien
herumtingelt, dort mitten in die größte Kälteperiode seit Jahrzehnten
hineinplatzt – und mit kalten Hallen und Garderoben vorlieb nehmen
muss, weil die lokalen Veranstalter an allem sparen. Und zwar auch an
den Heizkosten – etwa 50 Euro pro Abend. Genau das ist dem Edguy–Tross
auf der iberischen Halbinsel passiert. Die Folge: Der Buss ist eine
einzigartige mobile Seuchenstation. Am meisten leiden dabei die Sänger
mit ihrem sensiblen „Instrument“. So auch Edguy-Frontmann Tobias
Sammet. „Ich habe zwar keine Stimme – aber sehe ich dafür nicht gut
aus?“ fragt der kleine Fuldaer Bub mitten in seiner Show mit
Galgenhumor. Doch der Reihe nach …
Denn
erst einmal heißt es: „Alter Schwede – zum ersten!“ H.E.A.T. eröffnen
den Abend mit leicht glamourösen L.A. Heavy Rock, wie ihn einschlägig
„Vorbestrafte“ aus der Stadt der Engel in den Achtzigern zu zelebrieren
wussten – Dokken, Ratt, Schieß-mich-tot -, aber auch skandinavische
Truppen wie Treat, 220 Volt oder Europe adaptierten. Obwohl noch in
Deutschland nur Insidern bekannt, und obwohl bei uns im Rahmen dieser
Tour debütierend, finden die Jungs schnell Bindung zum Publikum und
können die vielleicht 1.500 Allgäuer (eh als kritisches, nicht
unbedingt pflegeleichtes Publikum berühmt-berüchtigt) rasch auf ihre
Seite ziehen und zu respektablen Beifallsstürmen bewegen. Definitiv
eine Truppe, die wir uns schon mal in Zukunft vormerken und in Aug und
Ohr behalten sollten …
Und
schon heißt es: „Alter Schwede – zum zweiten!“ Denn All Ends betreten
die Bühne. Doch anders als H.E.A.T. wirkt die Combo mit ihrem modern
ausgerichteten, sich an zeitgemäßen Gothic Metal orientierende Combo
als Fremdkörper im Billing und als Stimmungsbremse. Alleine die beiden
Girlies an den Mikrofonen sorgen für Fragezeichen: Weshalb muss hier
Frauen-Power im Doppelpack zelebriert werden, wenn sich die Stimmen der
beiden Mädels ähneln und kaum für Kontraste im vokalistischen Bereich
sorgen? Samenhaft und eichelartig … Aber gönnen wir den Bewirtungsbuden
in der All-Karthalle das gute Geschäft, denn die können sich eines
massiven Ansturms auf ihre Verkaufstresen erfreuen …
Dann endlich der große Augenblick: Die dreijährige Edguy-Abstinenz hat ein Ende! Die Band legt wie entfesselt los, und wer ob der gesundheitlichen Problematik nichts ahnt, wähnt die Jungs in der Form ihres Lebens – ein Kompliment schon mal für die beachtenswerte Leistung, sich nicht das Geringste anmerken zu lassen. Sogar Sammet merkt man sein Handicap nicht an – lediglich wer vorne in den ersten Reihen steht, sieht, wie ihm der Schweiß von der Stirn perlt – Fieber …
Aber die Songauswahl – schwierig genug bei dem Album-Backkatalog - ist
superb, Anspruchsvolles findet sich neben Party-Hymnen. Die Zeit
vergeht wie im Fluge, und nach der besinnlichen Ballade ’Save Me’ meint
Sammet mit seinem alt bekannten Schalk im Nacken: „Das nächste Lied
wird noch trauriger sein, denn es ist unser letztes: ’Super Hero’!“ Zur
Zugabe gibt es noch einmal auf der Bühne Party-Rock total: Nach ’Out Of
Control’ darf das Publikum den geplagten Sammet am Gesangsmikro
entlasten und zu ’Lavatory Love Machine’ plus ’King Of Fools’ nach
allen Regeln der Kunst abfeiern, bevor es nach knapp drei Stunden
heißt: Hoffentlich müssen wir nicht wieder drei Jahre auf eine
Stippvisitie der Fuldaer warten.

Dead Or Rock
Speedhoven
Tears Of A Mandrake
Babylon
The Pharaoh
Ministry Of Saints
Drumsolo
Pride Of Creation
The Headless Game
Save Me
Superheroes
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Out Of Control
Lavatory Love Machine
King Of Fools
Und
während im Catering-Raum der wie immer rührend bemühten
Rockabend-Concerts-Crew unter den halbwegs von der Influenza
Verschonten so etwas wie Party-Stimmung aufkommt, eine Tante aus dem
Band-Dunstkreis die rituelle Edguy-Torte anschneidet und die Bierchen
kreisen, kreist backstage die Thermoskanne Ingwer-Tee, die sich „uns
Tobi“ schnappt, um damit im Nightliner in Ruhe die Genesung in Angriff
zu nehmen. Vielleicht kommt man dann ja doch noch um diese oder jene
gesundheitsbedingte Absage einer der folgenden Shows herum. Falls
nicht: Ein „Dankeschön“ an die lokalen Veranstalter auf der iberischen
Halbinsel …