Heavy X-mas Party 2007
MIT:
LOVETRICK
+ ROTTEN ROSE
+ WAGNER
München, Metropolis
27. Dezember 2007
Anno
1990/91 schwangen sich die beiden befreundeten Münchner Bands Lovetrick
und Rotten Rose - damals noch in der Münchner Theaterfabrik - dazu auf,
ihrem Anhang eine Weihnachts-Nachlese der besonderen Art zu
präsentieren: die so genannte „Heavy X-mas Party“. Doch dieses fast
schon traditionelle „Festtags-Socializing“ fand nach nur zwei Ausgaben
ein jähes Ende: Lovetrick veröffentlichten zwar noch 1992 – nach dem
gleichnamigen Debüt zwei Jahre zuvor – ihr zweites Album NO REST FOR
THE BOYS. Doch ein (Radio-)Hit wie ‘Dance All Night’ (Opener des
Erstlings) gelang ihnen nicht mehr, und auch der Vertrieb der
Plattenfirma glänzte größtenteils mit Lethargie, versuchte das Album
wohl eher per Hypnose an den Mann und die Frau zu bringen. 1994
zerstreuten sich die Musiker schließlich in alle Winde – dem Zeitgeist
und dem Grunge-Boom sei Undank. Rotten Rose hingegen brachten es sogar
nur auf ein Demo, nicht einmal mehr auf eine Single- geschweige denn
Album-Veröffentlichung. Womit auch das Schicksal der Rosen in der Zeit
der alternativer Seuche besiegelt war …
Doch
wie das nun mal so ist: Inzwischen scheint die Nachfrage nach zeitlosem
Melodic Rock und –Metal größer denn je. Und nach einem zünftigen
Metal-Meeting sowieso. Das erkannten auch die „Rosen“, die im Sommer
2007 ihre Freunde von Lovetrick mit der Idee begeisterten, die alte
Tradition der „Heavy X-mas Party“ wiederaufleben zu lassen. Gesagt,
getan …
Und so kommt es, dass sich am 27. Dezember 2007 im Metropolis etwa 200 Münchner die Tannennadeln vom Kopfe bangen. Allerdings erst, nachdem Wagner als Anheizer ihren deutschsprachigen Rock mit Alternative-Anleihen präsentierten. Diese ihre musikalische Devise geht klar am Zielpublikum vorbei, und die deutschsprachigen Version von David Bowies ‘Heroes’ respektive Van Morrsions ‘It’s All Over Now Baby Blue’ („Und dann sind wir Helden / für einen Tag ...“ beziehungsweise „Es ist vorbei …“) hatten schon etwas ähnlich unfreiwillig Komisches wie ‘Fuchs geh voran’ (die unter dem Pseudonym The Hunters von den Scorpions Mitte der Siebziger gemeinsam mit ihrem späteren Stamm-Produzenten Dieter Dierks aufgenommene deutschsprachige Version des The-Sweet-Hits ‘Fox On The Run’). Nicht jedermanns Ding – und meins schon gar nicht. Sorry, it’s me …

Dafür
legen Rotten Rose umso furioser los: Die Cover-Version ‘Long Live
Rock’n’Roll’ (von Rainbow) konnte kaum idealer gewählt werden, zumal
die Jungs die Refrainzeile zünftig auf „Long live Rott’n’Rose“
uminterpretierten. Und auch in der Folge präsentieren sich Sänger
Manfred Helmut Stürner (Ex-Avalon), das Gitarrenduo Chris Lausmann/Gino
Braun, Bassist Jochen Becht und Drummer Josef „Chicken-Joe“ Huhn
eingespielt und souverän wie eine professionelle, routinierte Band, die
mindestens ihre zehnte Tour absolviert – keine Spur von Unsicherheiten,
die darauf hindeuten würden, dass das um zwei Background-Sängerinnen
verstärkte Quintett die erste Show seit über einem Dutzend Jahren
absolviert.
In erster Linie lebt die Performance von den Entertainment-Fähigkeiten des quirligen Frontmanns, der sich auf der Bühne bewegt wie eine Mischung aus Leon Goewie (Vengeance) und David Lee Roth (Van Halen), singt, als wolle er Sebastian Bach (Ex-Skid Row) und David Coverdale Konkurrenz machen, und das Publikum mit Ansagen unterhält, die origineller kaum sein könnten:
„Das nächste Stück ist von der letzten Platte, die wir nicht gemacht haben – ‘Now’ …“
Gleich darauf: „Wenn uns Bon Jovi das Ding abgekauft hätte, hätte er sicher eine Menge Geld damit gemacht - ‘Stay By My Side’!“
Beziehungsweise: „Das nächste Stück kommt auf unsere nächste Platte, die wir nicht machen - ‘Come Back’ …“
And last but not least: „Hier ist ein Stück von unserer übernächsten Platte, die wir wahrscheinlich nie machen werden - ‘The River’ …“Kurz
und gut: Es wäre schade, wenn diese Truppe, die sich musikalisch
irgendwo zwischen Vengeance, Skid Row, Victory und Axel Rudi Pell
einpendelt, ohne sich diesen „Big Names“ zu sehr anzunähern, als dass
man sie auch nur ansatzweise in die Plagiat-Ecke stellen könnte,
tatsächlich ohne reguläre Tonträgerveröffentlichung
(Underground-)Rock-Geschichte schreibt. Ihr habt es allerdings auch
selbst in der Hand: Auf der Homepage von Rotten Rose
(www.rottenrose.de) kann darüber abgestimmt werden, ob das Quintett
weiter seine Karriere forciert oder sich wieder in alle Winde
zerstreut. Letzteres wäre allerdings äußerst schade ...
Playlist ROTTEN ROSE
Long For Heaven
Now
Stay By My Side
Come Back
Make It
The River (Take Me Back)
Come And Rock
Free Forever
-----
Make It
Dann der Headliner, den alle anderen Münchner Bands Ende der Achtziger darum beneideten, einen Major-Verlagsdeal beim Branchenriesen EMI Publishing ergattert zu haben: Lovetrick. Mit ‘Dance All Night’, dem Opener ihres gleichnamigen 1990-er Debüts, landeten die Jungs dank des Intros - "Ladies and Gentlemen, you are listening to the beste Radiostation in Town!" – sogar einen veritablen Hit, der (logisch) gerne von vielen Radiosendern immer mal wieder gerne durch den Äther gejagt wurde.
Doch
irgendwie beschleicht zumindest mich schnell das Gefühl zu wissen,
warum sich eine Multinationale Größe wie EMI Publishing damals mit
großen Hoffnungen die Verlagsrechte an den Münchnern sicherte: Mit
ihrem unverbindlichem, zu jeder Zeit Radio-kompatiblen Melodic Rock
hätten Lovetrick durchaus das Zeug dazu gehabt, als deutsche Antwort
auf Def Leppard der HYSTERIA- und ADRENALIZE-Ära durchzugehen. Was
einerseits durchaus als Kompliment verstanden werden darf. Nur:
Meine Def-Leppard-Lieblingsalben heißen HIGH’N’DRY und PYROMANIA – mit
dem biss- und pfefferlosen, klinisch toten Melodic-Gesülze, das die
Tauben Leoparden ab 1987 zelebrierten, bin ich nie warm geworden.
Deswegen tue ich mich zunehmend auch mit Lovetrick recht schwer, zumal
das Quintett bis auf Bassist Holger Schulten ziemlich unterkühlt
agiert. Das vage an Van Halens ‘Jump’ erinnernde ‘Watch Out’ sowie die
flotten Rock-Nummern ‘Revved Up’ plus ‘Liberty’ rocken zwar dezent
durch – doch andererseits geht’s nimmer schmalziger als im Balladenteil
(‘Coming Home’, dem Whitesnake-Remake ‘Is This Love’). Und wie gesagt:
Bis auf den Tieftöner (Bild unten rechts) könnte jeder der Akteure in Sachen mitreißendem
Enthusiasmus gerne bei Rotten Rose in die Lehre gehen.
Zum
Schluss dann doch noch Rock’n’Roll-Party-Atmosphäre statt sterilem
Radio-Rock-Ambiente, als einige „Rosen“ zu einer abschließenden
gemeinsamen Jam-Session die Bühne entern und den Whitesnake- Gassenhauer
‘Here I Go Again’ sowie Led Zeppelins Rock’n’Roll (mit Claudia Canes
als Lead-Vokalistin) zum Besten geben. Egal – meine Vorbehalte
gegenüber dem Erscheinungsbild des Headliners einmal bei Seite
gelassen: Unterm Strich bleibt eine überaus gelungene Weihnachtsfeier
im Zeichen der harten Klänge, von der man/frau sich auch anno 2008 -
und darüber - hinaus weitere Neuauflagen wünscht …
All Your Life
Politics Of Love
First Bite
Man Eater
Watch Out
Dance All Night
Revved Up
Coming Home
Is This Love
Liberty
Sting
London Streets
-----
No Rest For The Boys
-----
Here I Go Again
Rock’n’Roll