Rock Attack
15. August 2007
Es ist jedes Jahr „same procedere as every year“: Während in katholisch
dominierten Landstrichen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz
Maria Himmelfahrt gefeiert wird, zelebrieren die knapp 35.000 Einwohner
im Fürstentum Liechtenstein - jenem von den Schweizer Kantonen St.
Gallen und Graubünden sowie dem österreicherischen Vorarlberg umgebenen
Kleinstaat mit einer Fläche von 160 Quadratkilometern - ihren
Nationalfeiertag. Grund genug für das Total-Metal-XS-Team, einen Trip
in die nur anderthalb Autostunden von unserer Memminger Homebase
entfernte Liechtensteiner Hauptstadt Vaduz (Einwohnerzahl: etwa
5.000) zu unternehmen, zumal mit der Rock-Combo The King Queens eine
der populärsten Queen-Tribute-Bands Europas für die musikalische
Untermalung/Bereicherung des Events sorgt.

Großstädter werden erstaunt sein ob der gemütlichen Atmosphäre in jenem
Land am Fuße der Gutenburg, das dank der Steuerpolitik auch nur bei
seiner Erwähnung jedem Finanzminister Europas die Zornesröte ins
Gesicht und den Puls auf 180 treibt: Alles ist irgendwie kleiner,
überschaubarer, weniger hektisch – eben knuddliger.
Doch wegen all der Gäste aus dem nahen In- (har, har) und fernen
Ausland (hi, hi) mutieren die Verhältnisse auf den Straßen von Vaduz zu
einer Menschenansammlung, die selbst 1.-Mai-Aufmärsche im ehemaligen
Ostblock als kindergartenähnliche Geplänkel anmuten lassen. Schließlich
hat sich herumgeschwiegen: Am Nationalfeiertag lässt sich der Fürst
nicht lumpen und fährt dicke auf. Wohl dem, der es schon in der Früh um
elf Uhr in sein Schlösschen zum Sektempfang schafft – falls nicht: Ab
Mittag gerät der Boulevard sowieso zur Flaniermeile und zum größten
Biergarten der nördlichen Zentralalpen. Für die musikalische Unterhaltung ist gesorgt – Cover-Kapellen dudeln sich und ihr Publikum
in Ekstase. Dann um 22 Uhr der Höhepunkt, der auch unsere Anwesenheit
maßgeblich herausforderte: ein halbstündiges Feuerwerk vom Feinsten.
Blitzkrieg ist ein Scheißdreck dagegen – eine halb Stunde lang
kracht
und böllert es in höchsten Himmelsregionen, als ob die gesamte
pyrotechnische Jahresproduktion des Planeten Erde in nur 30 Minuten
über Vaduz verballert wird. Ein bisschen keck dann mittendrin die
Feuerfontänen an der Außenwand des über Vaduz thronenden Fürstensitzes:
„Für Gott, Fürst und Vaterland!“

Die musikalische Nachlese erfolgt heuer mit The Queen Kings - eine der
gefragtesten Queen-Tributeband Europas. Die Formation um Leadsänger
Mirko Bäumer besitz darüber hinaus mit Gitarristen Frank Rohles und
Bassist Rolf Sander zwei Musiker in ihren Reihen, die bereits mit Queen
selbst auf der Bühne standen, und die von den Queen-Musikern Brian May
und Roger Taylor persönlich für das Original Queen-Musical WE WILL ROCK
YOU in Köln ausgewählt wurden.
Rohles darf sich zudem
„Guitar-Supervisor“ für die WE WILL ROCK YOU-Produktionen in Zürich und
Toronto nennen und führte 2006 auf der Musikmesse in Frankfurt –
immerhin der größten der Welt – die neueste Brian May-Gitarrenserie
vor. Dass es näher am Original kaum geht, demonstriert die Band mit
ihrer in der Tat majestätischen Performance, die zu einem nicht
unerheblichen Teil von der souveränen Ausstrahlung Bäumers und seinen
stimmlichen Fähigkeiten (die denen des Freddie Mercury sehr nahe
kommen) lebt. Hier stimmt einfach alles: perfekt vorgetragene Musik,
Kostümierung, Gestik – und Titel wie ‘We Are The Champions“, ‘Who Wants
To Live Forever’, ‘Bohemian Rhapsody’, ‘Radio Ga-Ga’ oder ‘We Will Rock
You’ sind sowieso ein Stimmungsgarant pur.
Fazit: Auch wenn das
Total-Metal-XS-Team bei Cover-Combos eher den Daumen senkt, weil solche
Kapellen im Wesentlichen von der Kreativität anderer Musiker leben und
selbst nur selten etwas zustande bringen – in diesem Fall zeigen unsere
dicken Finger einhellig gen Norden!
Wissenswerte Fakten über Liechtenstein
•
Hervorgegangen ist das Fürstentum aus dem Erwerb der Herrschaft
Schellenberg (1699) und der Grafschaft Vaduz (1712) durch die Fürsten
von Liechtenstein
• die Familie Liechtenstein lässt sich bis in das
12. Jahrhundert nachweisen und war in Niederösterreich ansässig - ihr
Name leitet sich von der Burg Liechtenstein bei Mödling vor Wien ab.
• Karl von Liechtenstein wurde 1608 in den erbländischen Fürstenstand erhoben und damit der erste Fürst Liechtensteins
•
Kaiser Karl VI. des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation erhob
die Grafschaften am 23. Januar 1719 zum reichsunmittelbaren Fürstentum
im Besitz und mit Namen der Fürsten von Liechtenstein
• im Koalitionskrieg 1799 besetzten erst die Franzosen, dann die Österreicher Liechtenstein
•
nach dem Ende des mittelalterlichen deutschen Reiches wurde das
Fürstentum Liechtenstein am 12. Juli 1806 als souveräner Staat in den
Rheinbund aufgenommen, war ab 1815 Mitglied im Deutschen Bund
• nach dessen Auflösung 1866 blieb Liechtenstein ein unabhängiger, neutraler Staat, 1868 wurde das Militär aufgelöst.
•
bis zum Ersten Weltkrieg war Liechtenstein über ein Zweckbündnis stark
mit dem Kaiserreich Österreich-Ungarn verbunden - nach dessen Auflösung
und Aufteilung verbündete sich Liechtenstein mit der Schweiz, übernahm
den Schweizer Franken als Währung und ging 1923 eine Zollunion ein
• die diplomatische und konsularische Vertretung erfolgt seit dem Jahr 1924 durch die Eidgenossen
• vom Zweiten Weltkrieg blieb das Fürstentum – wie die Schweiz – aufgrund seiner Lage und politischen Neutralität verschont.
• 1938 wurde Schloss Vaduz ständige Residenz.
• 1984 Einführung des Frauenwahlrechts.
• 1990 trat der kleine Staat als Vollmitglied der UNO bei
•
seit dem 1. Mai 1995 ist Liechtenstein (im Gegensatz zur Schweiz) auch
Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) - diese Mitgliedschaft
ermöglichte ausländischen Banken erstmals, sich im Fürstentum
niederzulassen, worauf sich die Anzahl dort vertretener Geldinstitute
vervielfachte
• Anfang 2006: diplomatische Verstimmungen mit dem
westlichen Nachbarn, weil sich schweizerische Soldaten während einer
Übung mit Nachtmarsch auf Liechtensteiner Territorium „verirrt“
haben (Mitte der Achtziger schoss fehlgeleitete schweizerische
Artillerie sogar einmal ein Liechtensteiner Wäldchen in Brand)
• Nationalhymne: „Oben am jungen Rhein“
• Die Liechtensteiner Fußballnationalmannschaft trug erst 1982 ihr
erstes Länderspiel aus, obwohl der Liechtensteiner Fußballverband
bereits seit 1974 Mitglied der FIFA und der UEFA ist. Den ersten Sieg
erreichte Liechtenstein am 6. Juni 1982 in Vaduz mit einem 2:0 in einem
Testspiel gegen eine Club-Mannschaft aus Peking (Volksrepublik China).
Der erste Sieg in einem Pflichtspiel gelang am 14. Oktober 1998 gegen
Aserbaidschan (2:1) während der EM-Qualifikation.