Donnerstag – 2. August
„Zwölf Uhr Mittags sitzen wir im Fischrestaurant und stehen vor der Entscheidungsfrage: Aal oder Nordseekrabben? Wir entscheiden uns dann doch für Aal und Matjes. Anschließend begeben wir uns auf einen ersten Routine-Spaziergang aufs Gelände. Die Veranstalter haben richtig geklotzt und nicht gekleckert: Nachdem in den vergangenen Tagen Hubschraubereinsätze im Wert von einer halben Million Euronen nur bedingt die Feuchtigkeit aus dem Boden föhnen konnten, wurden die größten Schlammlöcher mit Planen sowie Mulch und Stroh wirkungsvoll abgedeckt. 500 Kubikmeter Mulch sollen verbraten worden sein – um die 500 Strohballen stehen zudem auf dem Gelände für den Notfall bereit. Tendenz: Fallend. Nicht wegen des immer mal wieder einsetzenden leichten Nieselregens. Vielmehr weil die Fans die Möglichkeiten entdecken, die diese getrockneten Pflanzenreste bieten: sich gegenseitig drin vergraben, eine Strohschlacht veranstalten, sich wie eine Vogelscheuche aus ‚Wizard Of Oz’ stylen – oder einfach ein Bündel an prädestinierter Stelle für die Balz in die Hose stecken …"
"Pünktlich
zu Blitzkrieg stehen wir vor der Bühne. Die Briten um Frontmann Brian
Ross rocken cool ab und bringen ab 16 Uhr bei astreinem Sound
ordentlich Stimmung unter die vielleicht knapp 10.000 Anwesenden. Und
als sie ihren größten Hit ‚Blitzkrieg’ intonieren – jenen Song, den
Metallica berühmt gecovert haben -, gibt’s kaum noch ein Halten! Die
Aussie-Riff-Rocker von Rose Tattoo knüpfen nahtlos an das
Stimmungsniveau an und setzen mehr als nur einen drauf. ‚One Of The
Boys’, ‚Rock’n’Roll Gypsy’, ‚Bad Boy For Love’, ‚Nice Boys Don’t Play
Rock’n’Roll’ – wir sagen nur eins: Party Galore – jedenfalls können wir
vor lauter in die Luft gestreckten Händen kaum noch die Bühne sehen. Da
wir nicht so die Sodom-Fans sind, widmen wir uns anschließend dem
leiblichen Wohl. Als kulinarischer Geheimtipp entpuppt sich dabei
‚Tom’s Original Hot Dog Stand’ noch vor dem Haupteingang – sonst gibt
von Dröhner-Hebab über Mafia-Törtchen und asiatischen Menüs die übliche
Palette an Fast Food. 0,4 Liter Becks kosten übrigens drei Euro – ein
heutzutage gerade bei Festivals akzeptabler Preis."
"Aus der Ferne beobachten wir, wie sich zu den Sodomisten immer wieder ein Sack voll Gastmusiker auf die Bühne gesellt. Danach vollzieht sich nicht nur ein Publikumswechsel, sondern eine kleine Völkerwanderung: Die jungen Thrasher verlassen glückselig den Platz vor der Bühne – die Altrocker nehmen ihn ein. Bei den Sachsen merkt man dann am deutlichsten, wie sehr die Veranstalter heuer in Equipment und PA investiert haben: Selbst Biff Byford meinte erstaunt, dass dies die lauteste Anlage sei, über die er jemals bei einem Festival gespielt hat."
"Allerdings
sind wir ein wenig enttäuscht vom Set der Briten: Sie spulen ihr
normales Programm runter und stellen ihr aktuelles Album INNER SANCTUM
in den Vordergrund – unter einer ‚Night To Remember’ stellen wir uns
jedenfalls etwas anderes vor. Und kein ‚Dallas 1 p.m.’ - schnief! Aber
wenigstens ‚747 (Strangers In The Night)’ stimmen sie an – begleitet
von Edguy-Fronter Tobias Sammet, der plötzlich auf der Bühne auftaucht
und mit Biff ein Duett trällert. Letztlich fällt dann das Finale wieder
versöhnlich aus: ‚Princess Of The Night’, ‚Denim And Leather’,
Crusader’, ‚Wheels Of Steel’, ‚Strong Arm Of The Law’ … Gutes Nächtle
und bis morgen!”